Urlaub bei Olympia

„Das war einfach eine tolle Zeit – so bunt, so fröhlich, so dynamisch.“ Wenn die Zeitzeugin (83) über die Olympischen Spiele von München spricht, geht ein Strahlen über ihr Gesicht. „Es lag eine wunderbare Aufbruchstimmung in der Luft“, erzählt sie, „die 60er Jahre mit Beatles und Minirock waren ja gerade erst vorbei.“ Die Zeitzeugin erinnert sich an eine bayerische Landeshauptstadt, die sich heiter und weltoffen präsentierte und die jetzt mit U- und S-Bahn auch noch öffentliche Verkehrsmittel anbieten konnte. Obwohl selbst „gar nicht sportlich“, verbringen sie und ihr Mann den Jahresurlaub nicht in einer klassischen Urlaubsregion, sondern bei Olympia in München. „Die Spiele“, sagt sie rückblickend, „waren ja ein einmaliges Erlebnis, da mussten wir einfach hin“. Tochter und Sohn sind „noch zu klein“ und werden von einer Bekannten betreut. Im Stadion ist die Zeitzeugin besonders von der Leichtathletin und Mehrfach-Medaillengewinnerin Heide Rosendahl beeindruckt. Rosendahl tritt unter anderem beim Weitsprung an und sichert sich mit 6,78 Meter und nur einem Zentimeter Vorsprung auf Diana Jorgowa aus Bulgarien die Goldmedaille. „Die Heide Rosendahl“, erinnert sich die Zeitzeugin, „hat vor den Sprüngen Sand durch die Finger laufen lassen, damit sie sehen konnte, aus welcher Richtung der Wind kam. Das muss man sich mal vorstellen.“ Erlebnisse wie dieses sind bei ihr bis heute so präsent, als ob sie sich gestern ereignet hätten. Das gilt allerdings auch für den 5. September, den Tag des Attentats auf Mitglieder der israelischen Mannschaft. Noch heute, erzählt sie, könne sie die Hubschrauber mit den Geiseln auf dem Flug nach Fürstenfeldbruck hören. Dass die Spiele nach dem Attentat fortgesetzt wurden, sieht die Zeitzeugin nach wie vor positiv: „Eine mutige, aber richtige Entscheidung.“ Der Terror, ergänzt sie, habe nicht siegen dürfen. Auch heute noch kann sie sich „für Sport aller Art begeistern“. Für die Champions League ebenso wie für Handball oder Biathlon und auch die Formal 1.

 

Beitrag entstanden im Erzählcafé München 72

Text von Michael Weilacher, basierend auf einem Interview mit der Zeitzeugin

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