Körperliche Einsatzbereitschaft als Bote

Für den angehenden Bankkaufmann ein ungewöhnlicher Karriereschritt: Damals noch in der Ausbildung, bewirbt sich Hans Peter Reiter im Frühjahr 1972 auf eine Anzeige der Olympia-Organisatoren als Mitarbeiter für die Dauer der Spiele. Die Zusage erreicht ihn im Juni. Ab dem 26. August, dem Beginn der Wettkämpfe in München, ist Hans Peter Reiter dann im Olympiastadion als Bote zwischen den offiziellen Stellen im Einsatz. Unbedingte Zuverlässigkeit ist dabei ebenso gefordert wie körperliche Einsatzbereitschaft. Die Druckerei, in der die von Hans Peter Reiter und seinen Kollegen zu verteilenden Mitteilungen entstehen, befindet sich nämlich in den Katakomben des Olympiastadions. Das bedeutet für die Boten ein ständiges Auf und Ab zwischen den verschiedenen Stockwerken des Stadions. Dennoch, „die Stimmung damals war der absolute Wahnsinn“, erinnert sich Reiter, „besonders bei der Eröffnungsfeier, das war mein persönliches Highlight“. Sportlicher Höhepunkt sind für ihn die Siege von Rekordschwimmer Mark Spitz aus den USA: sieben Goldmedaillen für sieben Weltrekorde, eine Bilanz für die Ewigkeit. In Erinnerung bleibt Hans Peter Reiter aber auch eine Fahrt ins Dachauer Moos. Denn den Weg zur olympischen Regattastrecke legt der Bote zusammen mit der Rudermannschaft aus Schweden zurück. Überhaupt bleibt vieles von Olympia 1972 unvergessen. Das Gute ebenso wie das Schreckliche. Den Tag nach dem Attentat des 5. Septembers hat Reiter „eher für sich“ verbracht. Nichts war mehr so gewesen wie zuvor – keine Freude mehr, keine Heiterkeit. Die Plakate allerdings, die Hans Peter Reiter als Dank für seine Dienste bei den Olympischen Spielen von 1972 als Abschiedsgeschenk bekommt, zieren danach noch lange sein Zuhause.

 

Beitrag entstanden im Erzählcafé München 72

Text von Michael Weilacher, basierend auf einem Interview mit Hans Peter Reiter

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