Die Olympia-Küche

Die Münchnerin Claudia Urschbach, Jahrgang 1978, wächst im Stadtteil Giesing auf. Schon als Kind ist der Olympiapark ein Ausflugsziel für sie und bis heute mit schönen Erinnerungen verbunden. Sei es ihre Teilnahme an Streetball-Turnieren oder der Besuch des Olympiastadions als FC-Bayern-Fan. Im Geschichtsunterricht erfährt Claudia von der historischen Bedeutung des Schuttbergs auf dem Olympiagelände, der mit den Olympischen Spielen eine Umdeutung erfahren hatte: Aus dem Kriegsschutt war etwas Neues, etwas Schönes entstanden. Überhaupt beschäftigt Claudia Urschbach sich zu dieser Zeit mit dem Erscheinungsbild von Olympia 1972 und so auch mit dem bahnbrechenden Design des Gestalters Otto „Otl“ Aicher. Ein Design, das Deutschland in einem neuen, positiven Licht erscheinen ließ. Vor allem die Heiterkeit der Gestaltung begeistert Frau Urschbach, das Internationale und Gleichberechtigte der Farben als politisches Signal. Je intensiver sie sich mit den Spielen befasst, desto stärker wird ihr bewusst, wie sehr München von den Olympischen Spielen geprägt ist und wie anders sie aufgewachsen wäre ohne U-Bahn, S-Bahn und Olympiapark. Dann wechselt Claudia den Wohnsitz und kehrt erst nach sieben Jahren London nach München zurück. Wieder daheim, beginnt sie ihre erste eigene Wohnung mit Olympia-Memorabilien auszustatten. Zunächst sind es die Plakate, dann kommen Gläser, Geschirr und Bücher dazu. Später sogar eine ganz besondere Rarität – ein original Olympia-Toaster von Siemens. Damit ihre Sammlerstücke angemessen zur Geltung kommen, dekoriert Claudia ihre Wohnung um. Danach ist ihre Küche „ganz 1972”. Als Frau Urschbach Besuch aus den USA bekommt, bemerkt ihre Freundin die Olympia-Leidenschaft von Claudia und erinnert sich daran, als sie einige Zeit später die Ferienwohnung ihrer Tante in Vermont ausräumt. Dabei fällt ihr ein Teller in die Hand, den ihre Tante als Souvenir von ihrem Besuch der Münchner Spiele von 1972 mitgebracht hatte. So kehrt der Teller zurück nach München und in die Küche von Claudia Urschbach. Es ist seine zweite Reise über den Atlantik.

 

Beitrag entstanden im Erzählcafé München 72

Text von Michael Weilacher, basierend auf einem Interview mit Claudia Urschbach

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