Der Vater von Axel Birkmann ist Sportjournalist und damit bei den Olympischen Spielen in München im beruflichen Großeinsatz. Aber auch Axel hat einen Job. Zusammen mit einem Freund legt er Infoblätter aus der im Stadion untergebrachten Bundeswehrdruckerei an den Kommentatoren-Plätzen aus. Den Aushang mit Jobangeboten für die Dauer der Olympischen Spiele hatte Axel Birkmann am Schwarzen Brett seiner Schule im heimatlichen Reutlingen gesehen. „Nach München, in die Weltstadt, in meine Traumstadt, da musste ich einfach hin”, erinnert sich Axel. „Alle redeten ja von der großen Offenheit Münchens, das war natürlich ungeheuer verlockend.” Der junge Mann aus Baden-Württemberg reiste schon eine Woche vor den Spielen an: „Drei Wochen weg von zu Hause, in diesem Alter, das war einfach toll.” Auch die ausgelassene Stimmung in den Sportstätten ist ihm in Erinnerung geblieben. Radrennen sieht Axel Birkmann dort, Rudern und Volleyball, Hockey und Turnen. Besonders angetan aber hat es ihm das Boxen: „Wirklich der Wahnsinn.” Mit seinem Arbeitsausweis hat Axel Zutritt zu beinahe allen Sportstätten und auch zum Olympischen Dorf. Eine Begebenheit ist ihm bis heute in Erinnerung: „Als ich einmal aus dem Olympischen Dorf kam, standen da ein paar Kinder, die auf Autogrammjagd waren. Da habe ich mich natürlich nicht lange bitten lassen.” Seinen Vater, den Journalisten, sieht Axel Birkmann während der Spiele nur selten. Axel übernachtet in einer Schule in Milbertshofen. Von dort macht er sich auch am 5. September auf den Weg ins Olympische Dorf. Unterwegs erfährt er, „dass dort etwas passiert ist”. Trotzdem setzt der junge Mann aus Reutlingen seinen Weg fort. Angekommen, trifft er auf Polizei und Kameras. „Bei diesem Anblick verstand ich die Welt nicht mehr”, sagt Axel Birkmann rückblickend. „Die Stimmung war plötzlich maximal angespannt, aber niemand von uns wusste zu diesem Zeitpunkt genau, was eigentlich los war. Später kursierte dann auch noch die Meldung von der angeblichen Befreiung der Geiseln.” Eine Falschmeldung, wie sich wenig später auf dramatische Weise herausstellte. Von einem auf den anderen Tag sind die heiteren Spiele von München vorbei. Es folgen eine Trauerfeier, die Fortsetzung der Wettkämpfe und die Abschlussfeier, die Axel Birkmann unangemessen findet. „Wenn man an das Attentat dachte, war es da einfach zu ausgelassen. Tanzende Menschen, alles übertrieben”, findet Birkmann noch heute. Seiner Liebe zur bayerischen Landeshauptstadt allerdings tun die schrecklichen Geschehnisse vom 5. September keinen Abbruch.
Beitrag entstanden im Erzählcafé München 72
Text von Michael Weilacher, basierend auf einem Interview mit Axel Birkmann