Der Zeitzeuge, Jahrgang 1941, kann auf ein ebenso spannendes wie verantwortungsvolles Berufsleben zurückblicken. Er war Berufssoldat und als Hauptmann einer von 20.000 Bundeswehrangehörigen, welche die Olympiaorganisatoren 1972 tatkräftig unterstützten. Er selbst war unter anderem beim Olympischen Zeremoniell eingesetzt. Für diesen Auftrag ist der Offizier aus dem rheinland-pfälzischen Trier mit dem sogenannten Y-Ausweis ausgestattet. Mit ihm hat der Zeitzeuge Zutritt zu allen Bereichen der Olympischen Spielen, auch zu dem von Stadionsprecher Joachim „Blacky” Fuchsberg, im Hauptberuf Film- und Fernsehstar. Mit ihm trinkt der Hauptmann ein Feierabend-Bier - eine von vielen schönen Erinnerungen an Olympia ‘72. Aber auch der Moment, in dem das Olympische Feuer entzündet wird, ist ihm noch sehr präsent. Auf einigen Fotos von diesem denkwürdigen Augenblick ist er im Hintergrund zu sehen. Immer noch begeistert, denkt der Offizier auch an die Wettkämpfe der Reiter:innen, der Bogenschütz:innen und der Hochspringer:innen zurück. Was Letztere betrifft, natürlich besonders an die Leistung von Goldmedaillengewinnerin Ulrike Meyfahrt. „Bei den Wettkämpfen herrschte eine irre Stimmung, traumhaft, das bewegt mich noch heute”, sagt der Hauptmann, der seine Laufbahn bei der Bundeswehr als Oberst der Luftwaffe beendete. Bei den Olympischen Spielen in München gab es viele emotionale Momente und ein schrecklicher bleibt dem Zeitzeugen besonders im Gedächtnis: die Geiselnahme im Olympischen Dorf und die grausamen Verbrechen im Anschluss daran. Die Nacht von Fürstenfeldbruck, den Feuerschein der brennenden Hubschrauber, erlebt der Hauptmann am Ort des Geschehens. „Damals habe ich geweint”, blickt er zurück und fügt an: „Nach den schrecklichen Ereignissen hätten die Spiele nicht fortgesetzt werden dürfen. Man hätte sie beenden müssen.” Im Guten wie im Bösen: „Die Spiele zählen zu den prägendsten Erfahrungen meines Lebens, ich werde sie nie vergessen”, sagt der Zeitzeuge. 1980 wird der Berufssoldat aus Trier dann Münchner. Im Olympiapark kann man ihn auch heute noch antreffen.
Beitrag entstanden im Erzählcafé München 72
Text von Michael Weilacher, basierend auf einem Interview mit dem Zeitzeugen