Das Zeitungspapier ist vergilbt, die Erinnerung aber ist präsent. Die Zeitung, das ist die „Süddeutsche“ vom 15. Juli 1969. Und das große Foto auf der Titelseite zeigt den damals 19-jährigen Zeitzeugen zusammen mit Franz Josef Strauß. Der damalige Bundesfinanzminister steht da im Politikerzivil, der Zeitzeuge in seiner weißen Maurerkluft. Im Hintergrund zwar, aber ebenfalls auf dem Foto, ist Münchens OB Hans-Jochen Vogel samt Amtskette zu sehen. Anlass des Zusammentreffens war die Grundsteinlegung für die olympischen Bauten auf dem Oberwiesenfeld. Dort, auf dem ehemaligen Flugplatz, absolvierte der Zeitzeuge einen Teil seiner Maurerlehre. Auf dem Politikerfoto mit dabei zu sein, erzählt er lachend, darum habe er sich damals „nun wirklich nicht gerissen“. Aber er sei nun einmal dafür abgestellt gewesen. Bei den Olympischen Spielen drei Jahre später wollte der Zeitzeuge aber sehr wohl dabei sein. Damals Architekturstudent mit schmalem Budget, leistete er sich „lieber drei günstige Karten für Vorentscheidungen als ein einziges Ticket für ein Finale“. Mit einer Karte für eine Vorentscheidung hatte der Zeitzeuge auch Zutritt zu der Trauerfeier im Olympiastadion für die Opfer des Attentats vom 5. September. Ein Foto zeigt ihn neben dem Olympischen Feuer. Tief ergriffen sei er damals gewesen, erzählt der Zeitzeuge, „von dem grausamen Attentat im Olympischen Dorf, aber auch von den zuvor so heiteren Spielen mit Sportlern zum Anfassen, nicht wie heute, abgeschirmt oder mit Bodyguards“. Im Olympiajahr 1972 wird München für „den Burschen aus dem Dorf Trudering“, zu „seiner“ Stadt. Anders als das alte habe das neue München „regelrecht gestrahlt“, und er sei „unfassbar stolz“ gewesen, „dass Athleten aus aller Welt in meine Stadt gekommen waren“. Als Architekturstudent hatte der Zeitzeuge auch einen besonderen Bezug zu den olympischen Bauten. „Der Architekt Günter Behnisch war 1972 mein großer Guru“, erzählt er und denkt 50 Jahre später zurück an eine Zeit, die ihn bis heute nicht losgelassen hat.
Beitrag entstanden im Erzählcafé München 72
Text von Michael Weilacher, basierend auf einem Interview mit dem Zeitzeugen